20.
August 1914
Adolf
ist mit Ady auf Burg Kahlenberg und hilft einstweilen dem Inspektor
bei der Buchführung. Er erwartet demnächst seine Einberufung
zum Landsturm des 7. Armeekorps.
Von
Familie Schuchard erfahre ich durch Adolf, daß
Hugo Schuchard Ordonnanzoffizier bei den Casseler 167ern (Infanterie-Brigade
General Nordbeck) ist. Dem Regiment gehört auch Major Hans
Schmidt an. Sie sind wahrscheinlich nach Belgien ausgerückt.
Herr Stölting, Paulas Gatte (die sämtlichen Stölting
sind im Felde) stand mit seinen Lüneburger Dragonern bei Lüttich,
hat die Einnahme von Lüttich mitgemacht und ist unverletzt
geblieben. Liesbeth Schmidt bleibt vorläufig mit ihrer Tochter
in Cassel und ist bei Einrichtung eines Lazaretts für Leichtverwundete
tätig.
14.
November 1914:
Aus
einem Briefe von Adolf Erbslöh aus München
(Habsburgerstraße 8 II) entnehme ich das folgende:
„den 5. Nov.: Allmählich tröstet man sich darüber,
daß man zu Hause hocken muß und macht sich wenigstens
so weit nützlich wie man kann. Man konnte mich weder als
Freiwilligen (Blinddarm) noch als Sanitäter (alles überfüllt)
brauchen - es war ekelhaft, aber nichts zu machen. Jetzt bin ich
hier für den Wohlfahrtsausschuß tätig - es wird
für die hilfsbedürftigen Angehörigen der im Felde
Stehenden eine große Verlosung veranstaltet, für die
von allen größeren Geschäften und von Tausenden
von Privatleuten Gewinne aller Art gestiftet worden sind, als
da sind Bilder, Bronzen, Möbel, Luxusgegenstände, ja
sogar ein ganzer Flügel und Zimmereinrichtungen... Seit Montag
sind Addy und die Kinder wieder hier. Wir haben eine neue Wohnung
(ebenfalls in Schwabing liegend) bezogen und fühlen uns da
sehr wohl ..."
9.
Januar 1915:
Am
verfl. Sonntag, den 3. d. M. waren wir der freundlichen Einladung
von Walther und Mathilde folgend,
bei ihnen zum Familientage in der Anzahl von 24 (darunter - ein
Zeichen der Zeit - nur 8 Herren) versammelt, zum ersten Male seit
den schönen Godesberger Tagen, die sich wie ein lichtes Bild
gegen die heutige ernste Zeit abheben. Wir hatten die seltene Freude,
Adolf und Addy Erbslöh
bei uns zu sehen.
10.
April 1915:
Von Adolf
Erbslöh gingen mir aus München die folgenden Mitteilungen
zu:
„Endlich bin ich auch mang die Soldaten und brauche mich nicht mehr
zu schämen, noch immer in Zivilistenkleidern herumzulaufen. Seit
vorigen Montag bin ich hier beim Infanterie-Leib-Regiment eingezogen
und fühle mich sehr glücklich im Dienst und in dem ganzen
Kasernenbetrieb. Ich habe mal wieder Dusel entwickelt, gerade zu den
„Leibern" gekommen zu sein; das ist nämlich das Münchener
Infanterie-Regiment - in Berlin würde es Garde-Regiment heißen
-. Die Ausbildung soll zunächst 4 Wochen in München sein,
dann sollen wir hinter die Front kommen und dort zu Ende gedrillt
werden. Habe reizende Vorgesetzte und Kameraden."
Adolf ist wohl der letzte des Kontingentes, das unsere Familie zum
Heer stellen kann und wünschen wir ihm Glück für seine
kriegerische Laufbahn. Findet er Zeit, seine Beobachtungen auf diesem
neuen Gebiet in Skizzen wiederzugeben, so werden ihm die Leser der
Familienbriefe für die schätzenswerte Bereicherung, welche
dieselben dadurch erfahren würden, gewiß dankbar sein.
21.
Mai 1915:
Über
Adolf erfahre ich, daß er sich einer Blinddarmoperation
unterzogen hat, die gut geglückt ist. Er hat 6 Wochen Urlaub
und wünschen wir ihm, daß er sich in dieser Zeit völlig
erholt. Er befindet sich in München im Carolineum Mandlstr.
29. Mai 1915:
Wer
ein Bildnis von Adolf als „Leiber" sehen will,
verschafft sich Nr. 121 d. Illustr.-Unterhaltungs-Beilage vom „Der
Tag" (27. Mai). Die Ähnlichkeit erscheint mir ziemlich unverkennbar.
14.
August 1915:
Adolf
schreibt launig von Augsburg am 10. ds.:
„Ich bin seit gestern zum Landwehr-Inf.-Reg. Nr.1 nach Augsburg
versetzt. Diese Versetzung habe ich schon seit einiger Zeit angestrebt,
da in diesem Regiment mein Freund Bataillons-Adjutant ist. Ich habe
mal wieder meinen bekannten Dusel entwickelt und bin gleich zum
Offiziers-Asp.-Kurs ausersehen worden. Auch sonst komme ich mir
wie der große Mann vor, indem daß ich jetzt nicht mehr
die Kaserne zu schrubben und die Kommißstiefel zu wichsen
brauche. Der Major malt, der Hauptmann ist ein großer Musiker,
ich befinde mich also ganz in der richtigen Gesellschaft. Der Major
sagte, er kenne meine Bilder, worauf der Hauptmann ihm bedeutete,
ich sei aber bloß der Sohn des Malers Erbslöh.
Worauf ich erwiderte: „Nee, Herr Hauptmann, det bin ick selber."
3.
September 1915:
Von Adolf
die folgende Karte v. 2. Sept.:
„Ich bin Gefreiter geworden - die erste Stufe zum General ist erklommen!
Euch
allen gehts hoffentlich gut! Freuen wir uns von Herzen unserer herrlichen
Siege im Osten und hoffen wir, daß es auch im Westen bald
wieder vorwärts geht!"
8.
Oktober 1915:
Adolf
teilt mir mit, daß er am 1. Okt. Unteroffizier geworden ist,
wozu wir Glück wünschen. Er meint, daß es nun nicht
mehr allzulange dauern wird, bis er ins Feld geht. Addy und die Kinder
sind wieder in München.
20.
November 1915:
Von Adolf
Erbslöh erfahre ich, daß er am 15. ds. zur Kompagnie
gekommen ist.
Adolf schreibt ferner:
„Gestern
erhielt ich die Nachricht, daß Dr. H., der Leiter unseres
Luftschiff-Unternehmens, bei Tahure in der Champagne an der Spitze
seines Zuges gefallen ist. Es ist mir sehr nahe gegangen. Jetzt
sind alle 3 Leiter unserer beiden Luftfahrzeugunternehmen tot. Ein
tragischer Abschluß einer einst hoffnungsfrohen, allzu rasch
ins Grab gesunkenen Unternehmung."
5.
August 1916:
Adolf
schreibt mir am 2. Aug. aus Augsburg-Pfersee:
„Ich komme in den nächsten 14 Tagen zum 95. Inf.Regt. (liegt
bei Verdun), wo ich beim Regimentsstab als Kriegsmaler Verwendung
finden soll. Ich bin sehr glücklich über diese Aussicht.
Es war ein lange gehegter Wunsch von mir, mich draußen künstlerisch
betätigen zu können."
Wir freuen uns, daß Adolfs Wunsch erfüllt wird und wünschen,
daß diese friedliche Tätigkeit im Kriege mit Künstlerruhm
gekrönt wird, zugleich auch, daß sie ihm zu häufigen
Berichten über seine Erlebnisse Zeit läßt.
23.
September 1916:
In einem
freundl. zur Verfügung gestellten Briefe von Adolf
vom 7. ds. M. berichtet er über sein Ergehen wie folgt:
„Vorgestern nachmittag kam ich hier im Waldlager beim Stabe des J.R.95
an. Der Oberstleutnant war ein paar Tage vorher gerade mit seinem
Adjutanten und dem Ordonnanzoffizier in den Gefechts-Stand nach vorne
gezogen. So traf ich nur den Regimentsarzt und auf dem Geschäftszimmer
den Regimentsschreiber mit seinen Trabanten an. Später lernte
ich auch noch den Verpflegungsoffizier und den Musikmeister kennen.-
Ich installierte mich in dem mir zugewiesenen Blockhäuschen,
wohne dort zunächst allein, bis am 9ten zwei Unteroffiziere aus
dem Gefechts-Stand zurückkommen, so daß wir dann zu dritt
hausen.- Dieses Waldlager ist ein Idyll. Unter prachtvollen Buchen
stehen, bald mehr vereinzelt, bald dichter zusammen die verschiedenen
Blockhäuser, die den Regimentsstab und die Brigade beherbergen.
Daran an schließen sich die Unterkunftshäuser und Quartiere
der gerade in Ruhe befindlichen Truppen.- Es ist unglaublich, was
seit dem Mai dieses Jahres hier alles geschaffen worden ist. Quer
durch den Wald ziehen sich ganze Straßenzüge (die Carl-Eduard-,
die Victoria-Adelheid-Straße), unterbrochen von reizend angelegten
Plätzen, wo abends die Soldaten sitzen und Spiele machen können.
Dann gibt's natürlich Arbeitsplätze, Futterstellen, Cantinen
usw. Plätze für die verschiedenen Bagagen usw. usw. Sogar
eine Buchhandlung und ein Kintopp. Besonders hübsch sind die
Offizierswohnungen mit z.T. blumenbehangenen Veranden davor; man glaubt
sich in einer Waldsommerfrische.- Die Luft ist entsprechend würzig
und anregend, die Temperatur ziemlich kühl und alles macht schon
einen herbstlichen Eindruck.-
Wenn man nicht den fast andauernden Donner der Geschütze hörte,
würde man nicht an Krieg denken. Im ganzen ist's vor Verdun ja
jetzt ziemlich ruhig, doch schweigt ja die Artillerie nie ganz.-
Bis zur Stellung ist's noch etwa 2 Stunden zu marschieren. Da es für
einen beschränkt kriegsverwendungsfähigen Unteroffizier
eine offizielle Stelle als Kriegsmaler nicht gibt, so bin ich hier
so quasi als Hilfsschreiber angestellt (das Kind muß einen Namen
haben) und habe vorläufig die Kriegs-Rangliste der Offiziere
unseres Regiments zu führen, eine lächerlich geringfügige
Arbeit, damit ich eben für meine übrige Tätigkeit als
Maler genügend Zeit übrig habe. Gezeichnet habe ich bereits
Verschiedenes, warte im übrigen auf die Ankunft meiner Malkiste,
um richtig loszulegen.- Tritt man aus dem Waldlager heraus, so genießt
man einen wundervollen Fernblick auf das hügelige Vorgelände
von Verdun und davor auf das langgestreckte Tal, wo sich die Bahnlinie
von Br. bis E. hinzieht. Bis Br. werden die Truppen befördert,
von dort ab gehen nur noch Munitionstransporte weiter vor.-
Die Verpflegung ist ausgezeichnet. Wir haben einen sehr guten Koch,
der in Friedenszeiten ein kl. Restaurant und eine Konditorei in Bern
hat. Ein Backofen ist kürzlich gebaut worden und so gibt's täglich
frische Weißbrötchen. In unserem kleinen Eßzimmer
essen wir vorläufig zu viert: der Feldwebelleutnant (Verpflegungsoffizier),
der Musik(Kapell)-Meister, der Regimentsschreiber und ich. Abends
wird gelesen, geschrieben und Skat gespielt. Manchmal gibt es Eier.-
Gegenüber dem Feldrekrutendepot in H., wo ich zuerst 10 Tage
war, fühlt man sich hier wie im Himmel. Dort gibt's keine gute
Kost, viel Schmutz, Flöhe und auch Ratten - von alledem sind
wir hier verschont und genießen zudem wieder die Wohltat, von
richtigen Tellern zu essen.-
Wie sich meine Maltätigkeit gestalten wird, darüber kann
ich nun noch gar nichts sagen. Vom Krieg werde ich ja erst etwas sehen,
wenn ich mal mit nach vorne komme, aber die Gegend hier, Bilder aus
dem Waldlager und den umliegenden z.T. ziemlich zerschossenen Ortschaften
denke ich auch ausgiebig zu malen. Sobald ich ein Skizzenbuch voll
habe, schicke ich es heim, damit es in Sicherheit ist, und denke es
später auch so mit den einzelnen Oelstudien zu machen.- Wie lange
wir noch hier vor Verdun bleiben, ist ganz unbestimmt. Wer weiß,
ob wir nicht bald nach Rußland oder Rumänien kommen. Der
eine mutmaßt dieses, der andere jenes. Warten wir es in Ruhe
ab.- Ich hoffe bald einmal Siegfried zu begegnen u. Walter u. Hugo
Schuchard. Auch Oberstleutnant von Abercron liegt hier in der Nähe."
13.
Oktober 1916:
Eine
Karte Adolfs vom 7. ds. bringt das Folgende:
„Schon lange wollte ich Dir einmal schreiben, komme aber auch heute
nur zu einer Karte. Ich habe viel gearbeitet in allem möglichen
Material. War kürzlich für einige Tage vorne und zeichnete
die franz. Stellung vom vorderen Schützengraben aus. Als die
Kerle anfingen, meine Stelle mit Minen zu beschießen, war ich
gerade fertig und konnte in einem Unterstand verduften. Eine ausgeführtere
Pastellstudie machte ich von Höhe 304 mit dem berühmten
Granatwäldchen (Alsace), das gibt später hoffentlich mal
ein größeres Bild. Wetter schauderhaft, Stimmung ausgezeichnet."
28. Oktober 1916:
Durch
Else erhielt ich die folgenden Nachrichten Adolfs
vom 19. ds.:
„Am 5. Okt. suchte unser Regiment vom Waldlager die Höhe 304
ab, machte unterwegs in einigen Dörfchen und Städtchen Halt
und liegt jetzt in einer Gegend, die ich noch nicht nennen darf. Der
Zug, mit dem unser Stab fuhr, hatte unterwegs einen Zusammenstoß
mit einem Güterzug. Leider gab es 3 Tote und 16 Verwundete. Ich
saß in einem der letzten Wagen und bekam nur einen heftigen
Stoß mit.- War dann einen Tag zur Beerdigung der Toten in Laon
abkommandiert und hatte bei der Gelegenheit Muße, mir diese
uralte hochinteressante Stadt d. Näheren anzusehen. Habe inzwischen
wieder viel gezeichnet und gemalt. Jetzt leider Regenwetter. Die Tage
werden schon recht kurz, es geht in den Winter hinein; liegen vorläufig
in kleiner Ortschaft. Haben angenehme Quartiere. Kann nächstens
mein 2tes volles Skizzenbuch an Addy schicken.- Zu einer Versenkung
in künstlerische Probleme langt die Zeit natürlich
nie, es heißt streng nach der Natur zeichnen und später
eine reiche Ernte mit nach Hause zu bringen, aus der man schöpfen
kann.- Schickt diese Zeilen bitte an Onkel Hugo für den Familienbericht.-
Croce, der gute Kerl, schickte mir ein Freßpaketchen. Er muß
leider noch 2 Mal operiert werden.- 1000 herzl. Grüße."
Wir freuen uns sehr, daß Adolf bei diesem Eisenbahnunglück
unverletzt blieb.
11.
November 1916:
Von Adolf
erhielt ich einen Brief aus Vaulx v. 2. ds. M.:
„Seit 14 Tagen liegen wir nördlich der Somme und unser J.R.95
ist seit 8 Tagen eingesetzt. Gottlob sind die Verluste nicht allzu
groß. Hoffen wir, daß es so bleibt! Mich hat man zum Quartiermacher
der Ortskommandantur in Vaulx gemacht; das ist ein kleines Städtchen,
12 km hinter der Front, mit schöner gotischer Kirche aus dem
XIV. Jahrhundert, die mich immer so anschaut als wollte sie sagen:
„Mal mich doch!", aber mit dem Malen ist's jetzt nichts, ich habe
Tag und Nacht zu tun mit dem Quartiermachen für alle die Truppen,
die hier z.T. länger, z.T. nur ganz kurz liegen; es geht toller
zu als in einem Bienenhaus und ich bin ordentlich stolz, daß
ich von den etwa 70 verschiedenen Formationen, die ich gleichzeitig
im Kopf haben muß, bis jetzt nur einmal eine vergessen
habe. Das gab dann allerdings gleich einen wüsten Schlamassel
und ich bekam einen Gehörigen auf den Kopf von unserer 38. Inf.Div.
U.a. liegt seit gestern auch das Artillerie-Regt. von Hans Erbslöh
hier. Ich machte gleich Bekanntschaft mit ein paar Offizieren, die
ihn kannten.- Bei unserem Familientag an der Somme hoffe ich bald
einmal der 4te im Bunde sein zu können. Es wäre zu lustig,
die Vettern hier alle zu sehen. Walter ist übrigens bei unserem
Regt. ein sehr bekannter Mann. Alle erinnern sich seiner noch von
1914 und 15 her.-
Im letzten Familienbrief hat sich ein komischer Druckfehlerteufel
eingeschlichen. Es muß heißen: „Am 5. Okt. rückte
unser Regiment vom Waldlager vor Höhe 304 ab"; wir hatten
also im wahrsten Sinne des Wortes „nichts mehr da zu suchen".-
Vom Kriege merkt man hier nur den manchmal wahnwitzigen Geschützdonner
und eine rege Fliegertätigkeit, die sehr interessant zu beobachten
ist. Manchmal verirrt sich auch eine Granate her, aber das ist ziemlich
selten.
Mit herzlichen Grüßen an alle lieben Verwandten."
2.
Dezember 1916:
Von Else
erfahre ich, daß Heinrich W. am 9. v.M. in ein Feldrekrutendepot
im Westen hinter der Front abrückte und seit dem 25ten in einem
kleinen Ort südl. St. Quentin an einem Maschinengewehr-Kursus
teilnimmt, der bis zum 1. Jan. dauert.
Ferner schreibt sie, daß Adolf seit dem 21.
v.M. auf Urlaub in München ist und dieser bis zum 6. ds. läuft.
Sein Regiment befindet sich nach schweren Kämpfen z.Zt. in Flandern
in Ruhestellung.
19.
April 1917
Adolf
erfreute uns durch eine kleine Sendung seiner sehr gelungenen anschaulichen
Postkarten, zu deren Ausführung er einen Teil seines 14-tägigen
Urlaubs in München benutzte. In seinem Abschnitt, in den er Anfang
des Monats zurückkehrte,
„ist's
zur Zeit sehr interessant - aber man darf ja nichts Näheres
schreiben."
10.
August 1917:
Georg
ist seinem Regiment in Wesel treu geblieben und über
Adolf vernehme ich, daß er sich in der Gegend
von Ypern, also auch in der Nähe schwerer Kämpfe, befindet.
Er hofft, gegen den 15. ds. in Urlaub kommen zu können.
22. Dezember 1917:
Adolfs
Regiment steht, oder stand wenigstens vor 14 Tagen, in Flandern.
Er hatte schwere Kämpfe erlebt
„und wieder mal das Glück gehabt, mit heiler Haut davon zu kommen".
Im
November war er in München und hatte 4 große Ausstellungen
in Hamburg, Hannover, Frankfurt und Cölln zu beschicken.
In
einem Briefe Adolfs v. 21. v. M. heißt es:
......
„Unser Regiment ist nun auch längst bei der Offensive beteiligt.
Gottlob sind unsere Verluste ziemlich gering! Ich war zunächst
mit vorne, dann schickte man mich zurück als Hüter unserer
Bagage. Nun hocke ich in einem kleinen Neste weiter hinten und warte
auf weitere Befehle. - Das Wetter hat sich wieder aufgeklärt
und nun rattern die Flieger von neuem los. Die letzten Tage waren
sehr rauh und winterlich. Es schneite und es wehte ein eiskalter Wind.
- Einliegend schicke ich Dir eine Zeitungsnotiz, die Dich vielleicht
interessiert. In der letzten Zeit bin ich weniger zu künstlerischen
Arbeiten gekommen; die Eindrücke folgen sich zu rasch, außerdem
war's auch zu ungemütlich da vorne zum Zeichnen - da hat der
photogr. Apparat dafür seine Schuldigkeit getan.
Die Verwüstungen sind entsetzlich. Die Schneid und Ausdauer unserer
Truppen über alles Lob erhaben. Zum Glück gibt's auch die
schönsten Dinge zu erobern: Wein & Champagner, Bier, Fleisch,
Mehl, Kaffee, Kartoffeln, Gemüse usw. Herrenlose Schweine und
Kälber laufen einem entgegen, allerdings nicht gebraten, aber
das besorgen unsere Kerls mit unheimlicher Geschwindigkeit."
In der Zeitungsnotiz wird eine Ausstellung des Erfurter Kunstvereins
zur Kenntnis gebracht, die auf eine Folge von Kriegszeichnungen des
als Kriegszeichner beim 95. Inf.-Regiment beschäftigten Adolf
Erbslöh hinweist.: ..... „Eine schlichte Sicherheit
und künstlerische Feinheit erhebt diese Blätter über
das meiste, was uns an Kriegsgraphik bekannt ist ......"
10.
Oktober 1918:
Über
Adolf erfuhr ich in München, wo ich mich am
5. und 6. ds. aufhielt, ihn aber leider nicht antraf, daß
er einen 3-wöchigen Urlaub habe, dessen letzte - die gegenwärtige
- Woche er in München bei den Seinigen verbringen werde.
|